HÄufige Fragen

Seit wann kennt man die ILP?
Die hypertherme isolierte Extremitätenperfusion ist ein Verfahren, das bereits seit den 50iger Jahren existiert, initial angewendet bei Patienten mit einem malignen Melanom, das auf Extremitäten (Bein oder Arm) begrenzt war. Früher hat man ausschließlich Zellgifte (Zytostatika) in der Perfusion eingesetzt, unter der Vorstellung, dass die hoheDosierung der Zellgifte in einem geschlossenen Kreislauf, wie ihn die Extremitätenperfusion darstellt, dazu führt mehr Tumorzellen abzutöten als dies bei systemischer Applikation möglich wäre. Da allerdings viele der Zellgifte nur dann wirken, wenn sich Zellen in der Teilung befinden und dies auch im Verlauf einer 1 ½- bis 2-stündigen Perfusion nur wenige der Tumorzellen sind, hat dieser Ansatz nicht zum Erfolg geführt. Bahnbrechend war die Entdeckung von Ferdy Lejeune Ende der 80iger Jahre, dass die Anwendung von rekombinantem humanem Tumornekrosefaktor (TNF) in Kombination mit Melphalan (einem Zellgift) dazu führen kann, die Gefäßstrombahn der Tumoren zu zerstören (was unabhängig davon ist, ob die Tumorzellen selbst in der Zellteilung sind oder nicht).

Seit wann weiss man um den erfolgreichen Einsatz bei Sarkomen?
Die erste 1992 veröffentlichte Patientenserie beschrieb Patienten mit Weichgewebe-sarkomen und großen Melanomrezidiven. Diese zeigten eine nahezu komplette Tumorrückbildung bei acht von neun Patienten. Im Rahmen einer dann multizentrisch in Europa und Israel durchgeführten Studie konnte nachgewiesen werden, dass über 80 % von Patienten, die von einer Amputation wegen eines Weichgewebesarkoms bedroht sind, nach Anwendung der Extremitätenperfusion die Tumoren sich soweit zurückbildeten, dass sie resektabel wurden. Über die nächsten fünf Jahre betrachtet musste nur bei 15 % der Patientengruppe doch eine Amputation erfolgen werden.

Bei welchen Sarkomsubtypen funktioniert die ILP?
Die Technik der Extremitätenperfusion funktioniert prinzipiell bei allen Sarkomsubtypen, sofern es sich um hochmaligne Sarkome (Grading 2 und 3) handelt. Bei sehr großen und hypervaskularisierten Liposarkomen, meist myxoiden Liposarkomen, die als hoch-differenziert eingeschätzt werden, funktioniert die Perfusion meist auch. Andere weichgewebliche Tumoren, die mit dieser Therapie behandelt werden können sind insbesondere Desmoide, manchmal auch Hämangiome.

Welches sind die wesentlichen Ziele?
Wesentliches Ziel einer Extremitätenperfusion ist nicht die komplette Vernichtung des Tumors, hiervon wären die eingesetzten Medikamente überfordert. Vielmehr führt die Zerstörung der Tumorgefäßstrombahn dazu, dass die Tumoren sich zurückbilden, und das Wachstum in das Umgebungsgewebe einstellen. Eine ausgesprochene Tumorver-kleinerung wird nicht unbedingt erreicht und erwartet. Vielmehr dient die Perfusion dazu, den Tumor zu „devitalisieren“ da die Sicherheitsabstände bei Sarkomresektionen, die zur Vorbehandlung einer Perfusion bedürfen, meist sehr klein sind. Bei einem Sicherheits-abstand von weniger als 1 cm ist es sehr viel günstiger, den Abstand zu einem „kaputten“ Tumor zu haben als zu einem, der aktiv und vital gerade dabei ist, in das Umgebungsgewebe einzuwachsen. Die Operation, d.h. die Entfernung des Resttumors nach Perfusion mit einem Zeitabstand von ca. vier bis sechs Wochen ist auf jeden Fall Bestandteil des Gesamtbehandlungskonzeptes. Allerdings muss dann bei Erreichen von tumorfreien Resektionsrändern nur bei einer relativ geringen Anzahl von Patienten eine zusätzliche Strahlentherapie vorgenommen werden. Dies ist im Hinblick auf die Funktion der Gliedmassen häufig von Vorteil.

Wie ist der Stellenwert der ILP heute und welches Risikopotential besteht?
Inzwischen hat sich die Extremitätenperfusion zu einem standardisierten Behandlungs-verfahren entwickelt. Allerdings ist die Anwendung des Hauptwirkstoffes, nämlich des rekombinanten TNF-alpha nicht ganz unproblematisch. Diese Substanz ist normalerweise nur dann im Blut, wenn eine bakterielle Infektion (Sepsis) vorliegt und vermittelt hierbei ganz heftige Fieberschübe – dies jedoch bei jedem Menschen. Die in der Extremitäten-perfusion verabreichte Dosis beträgt etwa das Hundertfache dessen, was bei einem Menschen normalerweise unter den Bedingungen einer Infektion im Blut vorkommt. Die angewendete Dosis von TNF könnte zu schwerstem Fieber, Kreislaufreaktionen, Nierenversagen, oder Herzversagen führen und darf deshalb nur dann eingesetzt werden wenn sichergestellt ist, dass aus der perfundierten Extremität nichts in die systemische Zirkulation übertritt. Hierzu bedient man sich radioaktiver Substanzen, die an die roten Blutkörperchen im Perfusionskreislauf gekoppelt werden. Durch einen Geigerzähler über dem Herzen wird gemessen, ob Radioaktivität dort ankommt. Ist das nicht der Fall, so kann davon ausgegangen werden, dass der Perfusionskreislauf geschlossen ist. Dann kann eine derartige Perfusion für den
Patienten ungefährlich durchgeführt werden.

Wer führt ILPs qualifiziert durch?
Die notwendige technologische Ausstattung (Herz-Lungen-Maschine, erfahrener Perfusionist, radioaktive Applikation im OP) kann logischerweise nicht von jedem Krankenhaus vorgehalten werden. Derzeit sind die Zentren mit den höchsten Zahlen an Perfusionen in Deutschland Berlin, Mannheim, Essen, Erlangen, Bochum, Homburg und jüngst auch Frankfurt-Höchst. Europaweit sind etwa 40 Zentren akkreditiert. Akkreditierung bedeutet, dass durch ein für diese Technik erfahrenes Team die örtlichen Voraussetzungen überprüft werden sowie einer Perfusion beigewohnt wird, bevor das neu in diese Technik einsteigende Zentrum die Erlaubnis erhält das Medikament TNF-alpha überhaupt zu bestellen und geliefert zu bekommen.